BzKJAKTUELL 1/2024 Digital Services Act - Europäische Anbieterpflichten im Kinder- und Jugendmedienschutz

Mit dem DSA gelten seit dem 17. Februar 2024 europaweit einheitliche Regelungen für den Kinder- und Jugendmedienschutz in digitalen Diensten. Die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (BzKJ) wird in der Umsetzung auf nationaler Ebene für den strukturellen Online-Schutz Minderjähriger in Online-Plattformen mit Sitz in Deutschland zuständig sein. Dafür richtet sie eine „Stelle zur Durchsetzung von Kinderrechten in digitalen Diensten“ (KidD) ein, die gemäß dem DSA unabhängig agiert.

Sebastian Gutknecht, Direktor der BzKJ, erklärt im Editorial der Ausgabe:

„Große Entwicklungen stehen an: Wir bekommen europaweit einheitliche Regelungen für den Kinder- und Jugendschutz in digitalen Diensten, sowohl bezüglich der Anforderungen an die Anbieter als auch im Hinblick auf die Aufsicht und Regulierung. Diese Regelungen gelten für den Bereich der strukturellen Vorsorgemaßnahmen auf Online-Plattformen. Die Regulierung von einzelnen Inhalten bleibt im bisherigen nationalen System, wie wir es in Deutschland kennen.“

Die Beiträge der vorliegenden BzKJAKTUELL richten den Fokus auf die Auswirkungen des DSA auf den Kinder- und Jugendmedienschutz und bieten sowohl Praxisbeispiele als auch Empfehlungen für Plattformanbieter.

Ziele, Regelungsbereiche und Aufsichtsverfahren unter dem DSA

Der erste Schwerpunktbeitrag „Der Digital Services Act und seine Auswirkungen auf die Anbietervorsorge“ gibt einführend zunächst einen allgemeinen Überblick über verschiedene Zielsetzungen und Regelungsbereiche des DSA mit einer Fokussierung auf den Kinder- und Jugendmedienschutz. Die Ausführungen stellen dazu einen Zusammenhang mit der bestehenden gesetzlichen Ausgestaltung der Anbietervorsorge her.

Der zweite Schwerpunktbeitrag „Das Verfahren der Anbietervorsorge und Prüfkriterien für die anbieterseitigen Vorsorgemaßnahmen im Rahmen des Digital Services Act“ beleuchtet, wie die BzKJ nach dem DSA und dem Digitale-Dienste-Gesetz (DDG) das Aufsichtsverfahren bezüglich der von Anbietern einzuhaltenden Vorsorgemaßnahmen führen wird. Zum anderen werden die konkreten Anforderungen betrachtet, um eine gesetzeskonforme Vorsorge bei den betroffenen Anbietern sicherzustellen.

Jugendgerechte AGB: Praxisempfehlungen für Plattformanbieter

Die Einführung des DSA fordert von Plattformen, die sich an Minderjährige richten, eine verständliche Erläuterung von jugendgerechten allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) und anderer einschlägiger Regelungen. Sie spielen eine entscheidende Rolle, Kinder und Jugendliche über ihre Rechte und Pflichten bei der Nutzung von Onlinediensten zu informieren.

Das Autorinnen- und Autorenteam um Sven Bischoff, Achim Lauber, Lidia de Reese, Lena Schmidt und Jo Loreen Schuler stellt in ihrem Beitrag in der Rubrik „Wissenswert“ ein Projekt vor, bei dem sich die Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e. V. (FSM) und das JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis mit der praktischen Umsetzung dieser Anforderungen befasst haben. Im Rahmen des Projektes haben sie aus jugendmedienschutzrechtlicher und pädagogischer Sicht konkrete Empfehlungen zur Formulierung von jugendgerechten AGB für Plattformanbieter erarbeitet. Durch das Einbeziehen von Minderjährigen in Workshops wurden außerdem Verständnisprobleme bezüglich AGB identifiziert.

Jahresstatistik 2023 der Prüfstelle für jugendgefährdende Medien

Die Jahresstatistik bildet die Arbeit der Prüfstelle für jugendgefährdende Medien bei der BzKJ für das Jahr 2023 ab. Mit insgesamt 1.450 durchgeführten Verfahren im Jahr 2023 sind alle Verfahren erfasst, die zur Aufnahme in die Liste jugendgefährdender Medien geführt haben sowie Folgeindizierungen, Listenstreichungen, Nichtindizierungen, Verfahrenseinstellungen und Verfahren infolge eines Antrags auf Entscheidung in voller Besetzung.

Inhaltlicher Schwerpunkt bei der Aufnahme in die und bei dem Verbleib in der Liste jugendgefährdender Medien waren kinder- und tierpornografische Inhalte gefolgt von Medien mit Gewalt und nationalsozialistischem Gedankengut.

Die Jahresstatistik ermöglicht Hinweise auf jugendmedienschutzrelevante Entwicklungen und gesellschaftliche Veränderungen. Die Veröffentlichung richtet sich an verschiedene Interessengruppen wie zum Beispiel antrags- und anregungsberechtigte Stellen, medienpädagogisch Tätige, Wissenschaft und Forschung sowie Interessierte aus dem Bereich Kinder- und Jugendmedienschutz.

Prüfstelle für jugendgefährdende Medien entwickelt Spruchpraxis weiter

Der Beitrag in der Rubrik „Spruchpraxis“ befasst sich mit der Erweiterung der Spruchpraxis der bei der BzKJ angesiedelten Prüfstelle für jugendgefährdende Medien um den zusätzlichen Jugendgefährdungstatbestand „Gefährdung der Demokratie/Demokratiefeindlichkeit“.

Von einer Gefährdung der Demokratiefähigkeit bis hin zur Förderung von Demokratiefeindlichkeit kann dann ausgegangen werden, wenn — unabhängig von der politischen Ausrichtung eines Mediums — die dem Demokratieprinzip inhärenten Werte und Regeln in Frage gestellt werden und das Demokratieprinzip als Staatsstrukturprinzip delegitimiert wird. Dies ist dann der Fall, wenn die freiheitlich-demokratische Grundordnung missachtet, die grundgesetzliche Ausgestaltung freiheitlicher Demokratie abgelehnt oder Teilen der Gesellschaft der Anspruch auf gleichberechtigte Teilhabe an der politischen Willensbildung oder der Schutz der Menschenwürde abgesprochen wird.

Die Erweiterung der Spruchpraxis in diesem Bereich unterstreicht die Bedeutung der Förderung demokratischer Werte und der Demokratiefähigkeit junger Menschen im Kontext des Kinder- und Jugendmedienschutzes.

Die ZUKUNFTSWERKSTATT: Diskursraum für den Kinder- und Jugendmedienschutz

Die ZUKUNFTSWERKSTATT der BzKJ dient als zentraler Diskursraum zur transparenten Weiterentwicklung des Kinder- und Jugendmedienschutzes im Rahmen des Strategieprozesses „Digitales Aufwachsen. Vom Kind aus denken. Zukunftssicher handeln.“ Als Teil einer gemeinsamen Strategie von Bund und Ländern koordiniert die BzKJ diesen Prozess gemäß ihrem gesetzlichen Auftrag.

Im Beitrag der Rubrik erfolgt ein Rückblick auf die im Jahr 2023 von der BzKJ im Rahmen der ZUKUNFTSWERKSTATT ausgerichteten Veranstaltungen und Formate zu den Themenschwerpunkten „Sexuelle Gewalt und Belästigung im digitalen Raum“, „Gefährdung der Demokratiefähigkeit“ sowie „Kontrollverlust in digitalen Umgebungen“. Diese Formate brachten Vertreterinnen und Vertreter aus Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft zusammen, um gemeinsam Erkenntnisse und Ansätze für ein intelligentes Chancen- und Risikomanagement im Bereich des Kinder- und Jugendmedienschutzes zu erarbeiten. Im Fokus standen 2023 dabei insbesondere interventive und präventive anbieterseitige Vorsorgemaßnahmen.

Die redaktionellen Beiträge der BzKJAKTUELL 1/2024 finden Sie im Servicebereich auf der Website der BzKJ.

Privatpersonen können Einzelhefte sowie ein Jahresabonnement der BzKJAKTUELL als Print- und / oder als Digitalausgabe erwerben. Weitere Informationen zur Fachzeitschrift und zu den Bezugsmöglichkeiten stehen ebenfalls im Servicebereich auf der Website der BzKJ zur Verfügung.

Über die BzKJAKTUELL

Die Fachzeitschrift BzKJAKTUELL wird von der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (BzKJ) herausgegeben. Sie enthält den öffentlichen Listenteil der aktuellen Indizierungen von Filmwerken, Spielen, Schriftwerken, Tonwerken und Multimediawerken. Im redaktionellen Teil bietet sie mit Fachbeiträgen aus Praxis, Wissenschaft und Politik ein offenes Diskussionsforum für das breite Spektrum kinder- und jugendmedienschutzrelevanter Themen, Entwicklungen und Haltungen.